Die Schlachten an der Marne
Von Werner Andrejewski
Unsere
Partnerstadt Dormans war im Ersten Weltkrieg 1914 -18 Schauplatz der ersten
und der zweiten Schlacht an der Marne. An diese beiden Schlachten erinnert das
große Denkmal der „Chapelle de la Marne“ oberhalb der Stadt. Im Juli/August
finden in Frankreich und besonders in Dormans Gedenkfeiern zum 90.Jahrestag
der ersten Marneschlacht statt. Vertreter des Rates der Stadt und der DFG
erhielten dazu eine Einladung nach Dormans. Die erste Reaktion bei allen waren
etwas erstaunte Blicke: 90. Jahrestag der
ersten
Schlacht an der Marne im Ersten Weltkrieg? Wenn in Deutschland vom
Krieg gesprochen wird, meinen wir fast immer den Zweiten Weltkrieg, der durch
Bombenkrieg, Kampfhandlungen und Verluste in das Gedächtnis der Familien
eingeprägt ist.
In Frankreich meint man dann immer den Ersten
Weltkrieg. Dieser Krieg ist dort noch immer gegenwärtig. Vom Elsass quer durch
Nordfrankreich lief eine mehr als 600km lange Frontlinie mit einem mehrere
Kilometer breitem Streifen mit dutzenden zerstörten Städten und Dörfern. Die
Gebiete der Schlachten von Verdun und der Champagne zwischen Reims und den
Argonnen liegen heute noch so, wie zum Ende des Krieges
1918 : von Blindgängern und anderen Relikten verseuchte, nur mit
spärlichem Bewuchs versehene Landschaften. Man kann nur die Bauern z.B. in der
Picardie bewundern, die heute noch bei jeder Rübenernte neben den Rüben die
aufgefundenen Artillerieblindgänger stapeln. Und das ist nur die materielle
Seite. Jede französische Familie hatte tote, vermisste und verkrüppelte
Mitglieder zu beklagen. Frankreich verlor jeden dritten jungen Mann.
Nun zu den Ereignissen im Sommer 1914.
Das deutsche Westheer versuchte in einem
schnellen Feldzug Frankreich zu schlagen, bevor die russische Übermacht an der
Ostfront zur Geltung kam. Die deutsche Zweite Armee erreichte am 3.September
1914 die Marne zwischen Dormans und Verneuil. Diese Armee hatte Anfang August
die belgischen Festungen Lüttich und Namur gestürmt, die französische Festung
Maubeuge erobert und die französische 5.Armee in der Schlacht von St.Quentin/Guise
geschlagen. Während fast alle anderen Marnebrücken unverteidigt blieben, setzt
sich die französische 5.Armee an der Brücke von Try(Verneuil)zur Wehr.
Das Osnabrücker Infanterie-Regiment 78 nahm
zusammen mit Teilen des Feldartillerie-Regimentes 26 südlich Verneuil eine
Stellung ein. Da ein Angriff bei Tageslicht aufgrund der starken Höhenstellung
der Franzosen zu große Verluste befürchten ließ, wurde ein Nachtangriff
befohlen. Nach Einbruch der Dunkelheit machte ein Stoßtrupp der 1.Kompanie
Pionierbatallion 10 die Sprengladungen an der Brücke unschädlich und um 1.30
am 4.September eröffnete die deutsche Artillerie das Feuer. Die 12.Kompanie
des I.R.78 stürmte die Brücke, nahm den französischen Doppelposten gefangen
und ging am Südufer am Bahndamm in Stellung. Rasch folgte der Rest des
Regimentes und ging hinter dem Bahndamm in Deckung. Dann erfolgte der Sturm
auf die französische Höhenstellung, wobei die Kämpfe sich in den Gehölzen und
Weinbergen in Einzelaktionen auflösten. Gegen 4°° morgens war die Höhe in
deutscher Hand, und die Franzosen zogen sich zurück. I.R.78 ordnete seine
Kompanien, versorgte die Verwundeten, begrub seine Toten und rastete gegen 6°°
an der Strasse nach Dormans. Das Füsilier-Regiment 73 und das
Infanterie-Regiment 91 überquerten die Brücke und der Marsch ging weiter über
Vassy nach Igny.
Das Ergebnis aus deutscher Sicht: Brücke
genommen, drei Offiziere und 30 Unteroffiziere und Mannschaften des I.R.78
tot, dabei der Regimentskommandeur Oberst Winkelhausen, der aufrecht stehend
den Sturm leitete (Deckung zu nehmen galt noch 1914 als feige für einen
Offizier, das änderte sich aber sehr schnell).
Feierlichkeiten zum 90.Jahrestag der 1. Marneschlacht
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